Sonntag 29.1.84, Varanasi – Delhi
(Anne) Um 5 Uhr aufgewacht, aufgestanden, eingepackt und durch die friedliche Stadt zum Flussufer gelaufen und ein Boot gemietet. Wahnsinnig schöne Sonnenaufgangsstimmung, mit Nebel. Viele Gläubige badeten um diese Zeit. Nur wenige Scheiterhaufen, aber jede Menge Abwässer und totes Getier -> 100m weiter trinkende Menschen. Als die Sonne richtig raus war wimmelte es von Touristen. Frühstück, bezahlt und zum Bahnhof. Das schlimmste Chaos was wir bis dahin hatten. Wie durch höhere Führung den richtigen Zug + Abteil gefunden. Erst für 4 Std. alleine (mit Ausnahme des gaffenden Schaffners), dann 4 Inder, naja. Als die endlich weg waren, kamen 2 dicke rülpsende widerwärtige Andere. Die ganze Nacht nur schlecht geschlafen am Morgen gefroren.
Anmerkung: Die Bootsfahrt war ein Abenteuer. Zuerst die intensiven Preisverhandlungen, wobei beiden Seiten klar war, dass das zu handelnde Gut durch Zeitablauf wertlos werden würde. Dann ging es los. Erst bei eintretender Helligkeit wurde die heilige Stimmung durch die Realität ersetzt. Der Fluss, völlig verdreckt, das Boot undicht. Wir hatten Sorge unversehrt ans Ufer zurück zu gelangen, aber es klappte. Ein Bekannter in Deutschland, den wir später im Jahr kennen lernten, fuhr regelmäßig nach Indien und brachte stets heiliges Gangeswasser mit zurück. Dieses wurde einer Medizin gleich schlückchenweise bei allerlei Erkrankungen genommen. Einmal als Anne ziemlich krank war, wollte er seinen Schatz mit ihr teilen. Anne lehnte dankend ab, die Erinnerung an dieses Wasser brachte in ihr den Gedanken nach oben, „wenn ich das trinke, sterbe ich“.
Die etwa 800 km weite Fahrt dauerte, wenn ich mich richtig erinnerte 18 Stunden. Den Vorteil eines vernünftigen Sitz- bzw. Schlafplatzes in der 1. Klasse, erkaufte man sich mit der Begleitung arroganter reicher Inder, deren Benehmen äußerst gewöhnungsbedürftig war. Bei einer Fahrt stellten wir fest, dass der entsprechende Fahrgast einen Diener dabei hatte, der natürlich am anderen Ende des Zuges in der billigsten Kasse fuhr. Bei jedem Halt kam der am Zug entlang gerannt und musste dann allerlei Erledigungen (Essen, Getränke, frische Kleidung usw.) erledigen. Natürlich getrieben von der Sorge den Zug zu verpassen, bzw. seiner Herrschaft Habseligkeiten verlustig zu gehen.
Die Fotos zeigen oben den morgendlichen Fluss, vor und nach dem wunderbaren Sonnenaufgang. Die unteren Bilder die Ghats und eine Situation am Bahnhof, sowie Bilder von unterwegs (bei denen ich nicht sagen wann und wo sie aufgenommen wurden). Die beiden Bahnhofsbilder überlappen sich, in der einen Ecke. Die Arbeit der Frauen bestand darin, die restlichen Kohlestückchen aus dem Gleisbett zu sammeln, während die Männer auf dem Bahnsteig offensichtlich der Körperpflege nachgingen. Ich war immer sehr vorsichtig wenn ich Menschen fotografierte, an dieser Stelle wähnte ich mich im Zug sicher.





